Der Egoist oder: Die ungeliebte Ikone. Eine Egoismustirade. von Bičko Turner

In unserer, von Kapitalismus, Kaufrausch und Playstation gezeichneten Konsumgesellschaft scheint es, als müsse der Einzelne sich den gnadenlosen Regeln des Viehtriebs unterwerfen und blind, taub, anästhesiert und stumm durch die Welt treiben, um nicht als sonderbar, schizophren wenn nicht gar gefährlich stigmatisiert zu werden. Einfach nur dem immer dumpfer werdenden Plätschern der uniformen Masse lauschen, das Hirn abgeschaltet; das Glück ist mit den Dummen. Das Individuum wird entweder zum Trendsetter erhoben, um damit einen innovativen sozialökonomischen Zweig einer "alternativen Szene" ins Leben zu rufen, oder aber kompromisslos sozial ausgegrenzt (je nach Ausprägung der individualistischen Ader ist natürlich auch eine wirtschaftliche Ausgrenzung nicht ausgeschlossen). Alle für einen - einer für Alle! - so lautet doch das Motto der Welt in der wir leben. Das Individuum als solches existiert schlichtweg nicht, offensichtliche Ego-Menschen werden nicht geduldet.

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Alle ziehen an einem Strang; doch sobald einer den Grund, die Intention oder die Richtung des munteren Strangziehens zu hinterfragen wagt, wird er bürokratisch freundlich, aber bestimmt zur Konformität angehalten, dies selbstredend mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln, und stets unter dem Deckmantel "Soziale Gerechtigkeit". Das Ego wird langsam, aber sicher in viel zu kleine Schranken gewiesen, bis es nahezu komplett ignoriert wird. Auch Ego-Nekrosen sind möglich, und, wie böse Zungen behaupten: erwünscht!

Man betrachte den Umgang der Menschen miteinander: Altruismus ist gut und wichtig, Empathie für die Aufrechterhaltung freundschaftlicher Beziehungen lebensnotwendig. Doch wo bleibt das Ego? Dies stellt natürlich keine Aufforderung hinsichtlich der Auslebung irgendwelcher anarchistischen Tendenzen dar, doch existiert irgendwo zwischen blinder Assimilation und "Falling Down" ein Kompromiss! Wer setzt sich heute gezielt mal ausschließlich mit sich selbst auseinander? Wer fragt sich: "Was will ICH?" ? Wer duldet solche Menschen? Wer respektiert sie...?

Schulabbrecher, Faulenzer, Demonstranten, Querdenker, Künstler, überzeugte Prostituierte, "ewige Studenten"... Der Mensch neigt zur Missgunst, dies aufgrund eines völlig fehlentwickelten Egos. Natürlich ist es bequemer, seine Umwelt aus Neid zu verurteilen, als sich mit seinen eigenen Bedürfnissen und Wünschen zu befassen. Das setzt einen gewissen Denkprozess voraus, in dessen Verlauf die ganzen kleinen verpassten Chancen augenscheinlich würden, Chancen auf einen unvernünftigen Weg im Leben, die man sich aus anerzogener Pseudohöflichkeit nie zu ergreifen wagte, obwohl das Ziel bereits zum Greifen nah war... wie unangenehm. Wer bricht schon aus seinem, zur berechenbaren Routine gewordenen Von-8-bis-16-Arbeiten-Berufsleben aus, selbst wenn die allmorgendlichen Aufwachrituale zur Qual geworden sind? Wenn seine Träume ganz andere sind?

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(Träume... ich vergaß, für so etwas existiert keine Nische in unserem geordneten und straff durchorganisierten System!) Wie sähe die Welt aus, wenn mehr Menschen den Mut hätten, ihre Träume auszuleben? Wenn mehr Menschen einfach ihren Bedürfnissen und Wünschen nachgingen? Wenn der Mensch die Tür seines Konventionskäfigs öffnete und sein Ego von der angezogenen Kette ließe...? Chaotischer, bestimmt... und ein wenig bunter.