Teil II  - Zurück zu Schäuble, der mit dem Gipfel nicht allein zu tun hat und zurück zum „Präventionstaat" bzw. dem „Bürger unter Generalverdacht"

Folgendes zum Terminus „Generalverdacht": Amerika foltert gegen den Terror und Russland schafft es mit dem Argument der „Terroristenbekämpfung", zahlreiche Dörfer zu bombardieren und über die Hälfte der tschetschenischen Zivilbevölkerung (ca. 300 000 Menschen) zur Flucht zu bekommen. Seit September letzten Jahres führt Russland wieder Krieg in der abtrünnigen Kaukasusrepublik Tschetschenien. Dieser erneute Krieg wird als Kampf gegen Terroristen bezeichnet. Aus der Art der Kriegsführung geht dabei hervor, dass die gesamte tschetschenische Bevölkerung zu Terroristen erklärt worden sein muss. An der Grenze zwischen Inguschetien und Tschetschenien kommt es bis heute zu willkürlichen Verhaftungen angeblicher Terroristen. Es ist bekannt, dass in Tschetschenien Völkermord verübt wird, dass die Stadt Grosny nach dem Muster von Dresden dem Erdboden gleichgemacht wurde. Russische Menschenrechtler sprechen heute von 87.000 Todesopfern. Journalisten und Menschenrechtsorganisationen haben immer wieder über Filtrationslager berichtet, in denen Häftlinge vergewaltigt, gefoltert oder ermordet werden und viele für immer verschwinden. Diese Lager sind von verschiedenen Seiten als Konzentrationslager bezeichnet worden.

Das alles und noch viel mehr wäre unter dem Stichwort "Terrorist" möglich. Ganz üble durchgedrehte Stimmen meinen sogar: Der Staat rüstet nicht nur wegen einiger Terroristen auf, er baut vor allem vor, um den „unsichtbaren Limes zwischen Arm und Reich gegen unzufriedene Massen zu schützen". Wenn die Wutwelle der machtlosen Hartz-IV-Gepressten gegen die Adligen erst richtig losrollt, dann sollten spätestens die Instrumentarien stehen. Die Tendenz zum Totalen wird durch den Terminus „Terrorismus" verstärkt.

Jedenfalls: CDU-Sprecher und auch Polizeisprecher fordern wieder Gummigeschosse, obwohl diese sogar töten könnten (siehe Palästina o. Nordirland). Bayerns Innenminister Beckstein will „größere Härte" der Polizei, Ministerpräsident Mecklenburg-Vorpommerns, Henning Ringstorf fordert „die Härte des Gesetzes" und den unter Verfassungsrechtlern umstrittenen „Unterbindungsgewahrsam", d. h.: präventiv unter Arrest! Der Innenstaatsekretär der CDU meint, man müsse in die Strukturen der Autonomen rein, um sie bloß zu legen bzw. zu durchdringen und sie auflösen. Also Stochern im Milieu und auflösen. Inzwischen wurden auch beim neuesten Gipfel provozierende Agenten entlarvt Irgendwie meinen die „Friedenstifter", es würde niemand merken! Tendenzen sind also zu erkennen.

Die Schäuble-Paket-Maschine nun „...im Kampf gegen den Terror, im Kampf gegen den Terror, im Kampf gegen den Terror, im Kampf gegen den Terror, im Kampf gegen den Terror..." mit dem erkorenen Ziel der Behördenvernetzung ist mannigfaltig. Gleich ein ganzes Paket an Gesetzesänderungen hat Schäuble auf den Weg gebracht: Rasterfahndung, Telefonüberwachung, großer Lauschangriff, zentrale Speicherung von Passdaten. Er stellt faktisch die Unschuldsvermutung infrage - jenes eherne Prinzip des Rechtsstaates und zeigt sich als „Sicherheitsfanatiker", der es mit den Grundrechten nicht besonders genau nimmt. Grün und FDP gebärden sich als Hüter bürgerrechtlicher Freiheiten. Selbst die Sozialdemokraten scheinen sich von den langen Schatten ihres Otto Schily zu befreien und sagen plötzlich: „Nicht mit uns."

Zunächst einmal soll es eine Mega-Datensammlung geben, welche 37 Sicherheitsbehörden vernetzt, die bisher nichts voneinander wussten. Das bedeutet im Ergebnis: Es entstehen den Polizeien noch mehr Befugnisse und weniger Genehmigungsbedarf - das ist zunächst der Punkt. Wo sind denn nun eigentlich die Grenzen, insbesondere hinsichtlich Datenschutz. Es fällt deutlich auf, dass der Staat, Institute und die Wirtschaft tendenziell immer gieriger auf Daten werden.
Steigt denn das wirklich in gleichem Masse und Proportionalität wie die Gefährlichkeit, nur weil irgendwer dauernd ruft, es wird „immer gefährlicher" und „noch gefährlicher" und „am gefährlichsten" aber nichts Konkretes aussprechen kann. (Umso konkreter man ausspräche, umso besser wäre ja die Gelegenheit, die Bevölkerung bei der Beseitigung der Terror-Geißel um Mithilfe bitten.)

Ferner im Schäuble-Bündel: Genetischer Fingerabdruck, gemeinsame Arbeitsdateien BKA/Verfassungsschutz, eigene Grenzkontrollen, Bundeswehr im Inland einsetzen, verdeckte Online-Durchsuchungen, akustische Wohnraumüberwachung, Rasterfahndung, europäische Haftbefehle, Lauschangriffe, Fingerabdrücke auf Vorrat: (Die Gesetzesentwürfe zur Erfassung biometrischer Daten allerdings schon unter Innenminister Schily)

Eine verfassungsklagende FDP-Menschenrechtsgruppe um Gerhardt Baum (Ex-Innenminister), Burkhard Hirsch und Sabine Leutheusser-Schnarrenberger wehrt sich und verweist darauf, dass diese Maßnahmen zu weiten Teilen verfassungswidrig sind. Offiziellen Verlautbarungen zufolge gab es bisher 9 Fälle, in denen der große Lauschangriff überhaupt relevant war. Diese sind als nicht verfassungsgemäß klassifiziert worden.

Das Durchsuchen von privaten Daten und die zentrale Erfassung eines jeden Bürgers? In jedem Falle ja, insbesondere wenn man damit Terroristen (oben genannten, unwürdigen Abschaum - und es muss leider so bezeichnet werden) fangen kann, dann ist es jederzeit etwas wunderbar Sinnvolles, wären da nicht die unangenehmen Nebeneffekte, die es schon noch gibt. Es gibt ja schon gewisse Merkwürdigkeiten: Geruchsproben, geöffnete Post, den Streit darum, wie nahe Demonstranten dem Zaun um den Gipfel-Konferenzort kommen dürfen, usw...

Die Aspekte des verdienten liberalen Altmeistertrios und menschelnder Menschenrechtler sind dergestalt, dass es nicht angehe, jeden Bürger, aber auch jeden Bürger flächendeckend zu kriminalisieren. Sie meinen, dass es keine sorgfältige Evaluierung gäbe, bevor solche Maßnahmen losgelassen würden und fragen, ob durch Einzelmaßnahmen überhaupt Ziele erreicht werden. Die Grundrechte wären ausgehebelt und der Bürger würde zum Versuchskaninchen. Die dazu erfolgten Reparaturgesetze, soweit gut - Richter sollen hinsichtlich Verbrechensverabredung vom Band mithören und testen - sie hören aber auch die intimsten Inhalte, die man ja nicht abschalten kann. Frau Leutheusser-Schnarrenberger sagte, der Bundestag müsse verhindern, dass „ein Klima der Bespitzelung durch eine unverhältnismäßige Vorratsdatenspeicherung Realität" werde. Die verdachtsunabhängige Speicherung aller Telekommunikationsdaten über einen so langen Zeitraum sei „eindeutig unverhältnismäßig". Das Kabinett billigte außerdem eine Ausweitung der Liste der Straftaten, bei denen Ermittlern die Überwachung der Telekommunikation erlaubt werden kann. So sollen diese Ermittlungsmöglichkeiten nach Paragraph 100a der Strafprozessordnung künftig zusätzlich bei allen Sexualdelikten an Kindern, Kinderpornographie, Korruption, Raub, bandenmäßigem Doping und Kriegsverbrechen angewendet werden dürfen.

Eher wird es Zeit, dem Bürger auch einmal etwas zu gönnen. Der Bürger möchte auch mal Daten von Politikern haben. Wieviel sie auf dem Konto haben, ob sie Leberkrebs haben, ob sie verdächtig wie fähig sind, Terror am Bürger zu begehen, ob sie schwach sind, ob sie viel trinken, ob sie Porno mögen, was sie so kaufen, wo sie so hinfahren, ob ihr Stuhl mittelbraun und nicht zu weich ist... Warum sollte der Bürger weniger Recht darauf haben, zu sehen, mit welchem Potenzial er es zu tun hat bzw. „wer" der ist, der uns in wichtigen Fragen vertritt. Auch der simple Bürger braucht eine zugriffsfähige Datenbank, um zu sehen, von wem ev. Gemeingefahr ausgeht, oder wer für üble, flächendeckende Auswirkungen zuständig ist.

Mit Bestürzung reagierte am 27.12.2006 Bayerns Datenschutzbeauf- tragter Betzl auf den Vorstoß von Bundesinnenminister Schäuble, die heimliche Online-Durchsuchung privater Computer zu legalisieren. „So etwas tut man einfach nicht. Das ist einer freiheitlichen Demokratie unwürdig und erschüttert das Vertrauen der Bürger in die Integrität staatlichen Handelns." Betzl zählte die Grundrechtserosionen der letzten Jahre und der nahen Zukunft auf:

- Bewegungsprofile vom Mautsystem über Kennzeichenerkennung 
  bis zur Videoüberwachung; zusätzlich noch biometrische Merkmale
  auf den Ausweisen
- Kommunikationsprofile durch Speichern und Auswerten der
  Telekommunikationsverkehrsdaten
- Lauschangriffe: Wohnraumüberwachung und Abhören von 
  Telefongesprächen
- Kontenabfragen und Sozialdatenabgleich
- Rasterfahndungen
- jetzt auch noch staatliches hacking
- all dies nicht nur zur Strafverfolgung, sondern auch zur Prävention
  in Form einer ausufernden Verdachtschöpfung

Auch durch Rasterfahndung entsteht eine nicht zu unterschätzende Diskriminierung. Die angelegten Kriterien dazu sind laut Menschenrechtskommissar des Europarates Thomas Hammarberg zu allgemein. Breite Schichten werden diskriminiert und es basiere alles auf einer gefährlichen Hypothese. Unschuldige Menschen werden ohne Grund schikaniert und wie Verdächtige behandelt (natürlich mit den üblichen Mitteln der Ellenbogenstoßkunst, s. dazu unten), also auch hier mit allgemeinen Maßnahmen.

Diese Grundrechtserosionen würden, so Betzl, auch nicht dadurch abgemildert, dass immer neue Rechtsgrundlagen geschaffen werden. „Die Eingriffsbefugnisse werden ständig erweitert und lassen - noch dazu bei entsprechenden juristischen Auslegungskünsten - fast keine ausforschungsfreien Räume mehr übrig. Sein Zitat: „Wir können allmählich unsere bisherigen Vorstellungen vom Grundrechtsschutz über Bord werfen." (Anmerkung: Ist das nicht ein Hammersatz?)
Aber die üblichen Befürworter aus Sicherheitsapparaten selbst bzw. die Schäuble nahen CDU-Repräsentanzen sagen: „alles Quatsch"!

An der neuesten Idee, Geruchsproben zu sammeln hält das Innenministerium auch fest, obwohl dementiert wird. Hier könnte eine Megadatensammlung entstehen, weil Schweiß zahlreiche Informationen beinhaltet. Die Wirksamkeit und der Nutzen sind ein wenig umstritten, jedoch einverstanden sind einige nicht, sie meinen die Grenze wäre erreicht. Volker Beck (Bündnis 90/die Grünen) etwa, der das sagt, weiß bestimmt und bedauerlicherweise wieso - er unterlag ja leider bei einer Demo in Moskau auch der Repression.

Insgesamt sieht es aus und riecht auch hier ein wenig nach den typischen Waffen eines Repressionsapparates. Über den Weg der Terrorbekämpfung geschieht zumindest eine ungeahnte Chance der Überwachung und der faktischen Zugriffsmöglichkeit. So was gibt es immer nur, wenn „man - oder ein Regime" vor irgendetwas Angst hat. Aber wovor denn? Vor 80 Mio. Terroristen. Sind die Auswahlkriterien bei der Ergreifung von Terroristen klarer und besser als bei der Auswahl von Gipfelrandalierern. Vor allem unter dem Generalstichwort „Prävention", kann das überhaupt ein messerscharfes Auswahlkriterium sein?

Jedenfalls: „es reicht!" (Baum) „wir driften immer mehr in den Überwachungsstaat". Wenn er nicht schon da ist, bei den Möglichkeiten und Machenschaften, die seit Jahren unkritisch hingenommen werden. Ist ja alles schon da. Online-Durchsuchungen und Telefonabhöraktionen sind ohnehin schon ein starkes Stück und das passiert ja schon längst, da nützt auch kein Gelaber von Verfasssungskonformität. Es ist wohl weniger die Frage, ob wir in einen Überwachungsstaat driften, als viel mehr, seit wie vielen Jahren es schon der Fall ist bei den Möglichkeiten, die vorhanden sind. Nicht zuletzt natürlich auch wegen der privaten Datenjagd der gierigen Datenindustrie. Überall steht irgendetwas zur Verfügung, man merkt es ja schon bei der täglichen Belästigung von Werbung, Spam, oder sonstigen Zudringlichkeiten - eigentlich ein optimaler Indikator, für das, was da kommet. Also die strikte Frage lautet: was passiert hier?

„Der Schutz des Bürgers müsse an erster Stelle stehen". Auch der innenpolitische Sprecher der SPD- Fraktion Wiefelspütz ist gegen Online-Durchsuchung, ginge es nach ihm, „nur in extremen Fällen". Grundsätzlich sind Online-Durchsuchungen nicht zulässig. Behördenvertreter und Regierungsstellen bestätigten aber, dass Verfassungsschutzämter «auf Basis von internen Dienstanweisungen» Online-Durchsuchungen bereits durchführten, schreibt die «Leipziger Volkszeitung». Aber die üblichen Befürworter aus Sicherheitsapparaten selbst oder Schäuble-Nahe CDU sagen, „alles Quatsch"! Schäuble-Parteifreund Bosbach (CDU-Innenexperte) hingegen ist ebenso jederzeit für Verschärfungen. „Sie machen Sinn", neue Eingriffsbefugnisse gäbe es nicht. Die Rechtsprechung hat dem Gesetzgeber neue Vorschriften gegeben, was aber mittlerweile „korrigiert" wäre. Ein privater Kernbereich ist jederzeit tabu bei der akustischen Wohnraumüberwachung, so heißt es.

Den Disputanten gegenüber stehen Vertreter aus den Sicherheitsapparaten, die die Argumente der BHLS-Kommission vehement negieren, weil BHLSK ja „völligen Unsinn" spricht. Der Sicherheitsapparat und seine Vertreter wehren sich immer wieder. Die Sicherheitsbehörden sagen: Es waren „nur" neun (großer Lauschangriffe) !! Baum sagt: „Jeder einzelne Fall wäre einer zuviel"! Wieviel wurde denn bisher wirklich schon gelauscht, wo das Lauschen doch so viel Spaß macht, sonst würden nicht immer wieder Fälle auftauchen, in denen es zu Verletzungen kommt. Jedenfalls: Im Jahre 2007 gab es einen erheblichen Anstieg der Fälle, in denen private Telefonate abgehört wurden. Die Absolutzahlen lauten: 36.000 Mobiltelefonate und 5000 Festanschlüsse, allesamt legitimiert durch das Stichwort: Terrorgefahr! 41.000 Terrorverdächtige?

Verdächtig

Bayerns Innenminister Beckstein ist gegen die SPD-Haltung, hält Vorwürfe der SPD gegen das Schäuble-Paket für „maßlos", Beckstein (was Wunder) verteidigt Schäuble, der ernsthafte Bedrohungen postuliert, er mag auch recht gern Objektschutz und Luftsicherung ausbauen.

Die Regierungsparteien drückten in Sachen Antiterrordatei seit September 2006 aufs Tempo. Die „Antiterrordatei" wurde durch den Bundestag gepeitscht Und diese Datei ist mittlerweile Realität!! Entsprechenden Gesetze passieren trotz Dauerdiskussion und Warnungen von Sachverständigen letztendlich doch immer wieder den Bundestag - wie oft und in jeglichen Themenbereichen! Am ende kommt im Konsensparlament alles durch! - so wie vor kurzem auch in Polen, wo das Lustrationsgesetz („Durchleuchtungsgesetz") durch das Parlament gepeitscht wurde. Die Interessengruppen setzen sich also wie gewohnt durch und die Demokratie ist wieder perfekt und rund. So ist es oft, und so war es eigentlich immer - die Aufmerksamen werden es bestätigen. (dazu Lafontaine: "abgehobene Repräsentanz") Gesetze zur Erfassung der biometrischen Daten. Auch dieses ist seit 25.5.07 durch den Bundestag!

Noch ein Datenschutzbeauftragter:
Der Datenschutzbeauftragte Peter Schaar meldet schon jetzt „schwerwiegende Verstöße der Sicherheitsbehörden" im Rahmen der „Terrorbekämpfung" mit Maßnahmen, die Datenaustausch sehr viel freizügiger als bisher proklamiert, realisiert haben. Es bestünde kein ausreichender Schutz. Deutschland ist Weltmeister bei der Telefonüberwachung (zit.: Gerhardt Baum) Daten beim Verfassungsschutz können überall zentral verwertet werden. Das heißt: Die spezifischen Daten des Verfassungsschutzes werden im gewünschten, gefärbten Sinne überall verwertet. Und wenn dann in den Daten drinsteht: „Terrorist", dann können Polizisten knüppeln oder was?

Verfassungsgerichtsbarkeiten und irgendwelche Gesetze sind in der Theorie das eine, was aber faktisch passiert, und schon seit Jahren passiert, nämlich Online-Durchsuchungen, Lauschangriffe und das Auswerten der Privatsphäre (etwa: Liebesbriefe, Informationen über Stuhlgänge, persönlichste Peinlichkeiten, ansteckende Krankheiten, Sex-Affären, individuelle Neigungen, menschliche Schwächen, kleinere Sünden, intime Telefonate mit Freunden und Verwandten oder reine Blödelei) ist dann das Andere. Auf Gewissenhaftigkeit abzuhörender Stellen sollte man nicht bauen, wie die Erfahrung zeigt. Wir wussten es doch immer schon irgendwie: die, die abhören wollen, hören ab - macht ja Spaß, insbesondere in verselbständigten Apparaten. (Dreckige Geheimdienstsauereien kennt man ja zur Genüge, siehe auch jüngst: Ermittlungsbehörden und RAF-Täter) Es nützt auch nicht viel, wenn dann Leute wie z. B. der arme Hans Christian Ströbele in lustigen Theater-Untersuchungsausschüssen als standhafte High-Noon-Sherriff-Gegenfigur nach Aufklärung schreien und die Angehörigen der langjährig verschweißten Sicherheitsapparate in verschlossenen Räumen über ihn lachen.

Berlin (dpa) - Der Schutz der persönlichen Daten des Bürgers ist in den vergangenen Jahren zu Gunsten des Schutzes vor Terror und Kriminalität immer mehr eingeschränkt worden. Dies machte Peter Schaar in seinem Tätigkeitsbericht 2005-2006 schon vorzeitig deutlich. Der Bundesregierung wirft er darin massive Versäumnisse beim Datenschutz vor, dieser werde «sträflich vernachlässigt». Zugleich nehme die Neigung vieler Bürger zum «elektronischen Exhibitionismus», zur Zurschaustellung persönlicher Lebensumstände und -daten in elektronischen Medien, zu.

Das Grundrecht auf Datenschutz habe nicht mit dem technologischen Fortschritt mithalten können, sagte Schaar. Technologisch sei eine Totalüberwachung heute längst möglich. Das Gleichgewicht zwischen dem Schutz des Bürgers vor Terror und Kriminalität und dem Schutz seiner Freiheit drohe zu kippen. Eine Überprüfung beim neuen Zentrum für Terrorabwehr in Berlin habe ergeben, dass dort - mehr oder weniger ungeprüft - an die 100 Datensätze von Bürgern aus Polizeibeständen an den Verfassungsschutz weitergereicht worden seien. Die Bürger seien bei der Polizei etwa wegen Trunkenheit auffällig geworden.

Massiv kritisierte Schaar die derzeitige Debatte über eine Online- Durchsuchung privater Computer. Weder sei der Zweck klar definiert noch die Zielgruppe. «Nebulös ist schließlich auch, wie das Ganze ablaufen soll.» Er sei erschrocken, mit welcher Vehemenz die Online- Durchsuchung trotzdem gefordert werde. Der Staat müsse die informationelle Selbstbestimmung des Bürgers wieder in den Mittelpunkt seines Handelns stellen. (Berliner Morgenpost 24.4.)

Da ist also Schäuble mit seinem Schäuble-Bündel. Er, der seit Jahren schon (neben anderen, ins „System Verstrickte") recht eloquent seine Formeln monoton rauf und runterleiert, seit Jahren ein Vertreter der Verschärfungen ist - eigentlich schon immer war. Er scheint gute persönlich Gründe und Motive zu haben. Zwei Mordanschläge auf ihn von Hochwahnsinnigen sind ja nicht wenig und werden ihre Rolle spielen. Einem „Normalbürger" passiert das nicht, daher ist dessen Empfinden für Angriffe natürlich nicht so geschärft. Zusätzlich lässt sich aus Schäubles politischer Biografie heraus erkennen, dass er schon immer ein Freund von Verfassungsänderungen bzw. verfassungsändernden Mehrheiten war. Jetzt braucht er mal wieder eine Grundgesetzänderung, um die Computerfestplatten zu durchsuchen und Schäubles Anti-Terror-Zentrum überwacht künftig die Online-Aktivitäten. Er will die Internetüberwachung massiv ausbauen, so meldet der Spiegel. Nach Angaben des Magazins will das Innenministerium unter der Federführung des Verfassungsschutzes eine "Internet Monitoring und Analysestelle" (IMAS) einrichten, die ihren Sitz in Berlin hat. Rund 50 Beamte sollen dort verdächtigen Online-Aktivitäten nachgehen. Die Datenverwendung mündet dann möglicherweise durch die „Gefahrengefahr" nahtlos in das Instrument der Vorbeugehaft. Suspekte Personen können auf diesem Wege dauerhaft weggesperrt werden, einfach so, sie sind dann weg. Entscheidender Punkt dann: Der so sehr gefährliche Terrorist wird AUF DAUER weggesperrt.

Die Bildung einer Terroristischen Vereinigung kann einem jeden Staatsbürger aus genannten Gründen der Prävention auch ganz schnell vorgeworfen werden, wie es in der Vergangenheit selbst mit ehrbaren Intellektuellen und Harmlosen schon aus heiterem Himmel der Fall war. Ein paar Stichwörtchen genügen dann, und es könnte für Schäuble und Konsorten reichen, das Sicherheitspaket von oben fallen zu lassen. Man könnte dann anhand dieser „neuen Art von Prävention" bzw. wegen der „Gefahrengefahr", Suspekte oder sogar „Unbequeme" wegsperren, die theoretische Boden dazu ist jedenfalls endgültig vorhanden!

Man wird sich ohnehin noch wundern: Gesundheitskarte, Satellitenortung (womöglich über/ durch Google oder Microsoft o. ä...) Jedenfalls: An Missbrauch wird es künftig nicht mangeln, egal von wem. Mit Industriedaten wird schon jetzt sehr viel Missbrauch getrieben, genauso wie etwa in diesen weitläufig expandierenden Callcentern gelogen wird, wenn man Kunden anruft und sich sogar noch lügnerisch auf deren Datenausgabe beruft. Wie also kann man meinen, es wäre irgendetwas vertraulich? Wenn man alles über jemanden weiß, kann man auch eine Menge mit ihm machen und die Möglichkeit, sich als Polizei- und Überwachungsstaat zu gerieren wird ebenfalls größer, zugleich die Freiheitsträume zwangsläufig kleiner. Ob man das die Verfassungsgerichtsbarkeit dann überprüfen lassen kann, wie stets behauptet wird, ist doch recht fraglich. Nebenbei: die faktischen Chancen eines Rechtssuchenden vor dem Staat sind ja hinreichend bekannt.

Ein kurzes Analog-Beispiel dergestalt, dass dies in anderen Ländern auch kein Fantasyfilm ist: In Ägypten etwa werden junge Blogger ihrer Meinungsfreiheit beraubt. Sie bezeichnen den Staat in gesicherten Interviews selber „als den schlimmsten Polizeistaat". Sie sagen, sie wären weder „Islamisten", noch „Nasseristen" oder „Kommunisten", sie sind Bürger, die ihr Land lieben, dort in Ruhe leben wollen und ihre Meinungsfreiheit, ihre Gedankenfreiheit als ihr Recht empfinden. Der Staat verfolgt junge Blogger, Verbote allenthalben, weil sie z. B.: Videos von Polizeieinsätzen, Demo-übergriffe usw... veröffentlichen Was dort knüppeltechnisch so alles zu sehen ist, kann man sich gut vorstellen. Das trifft auch auf viele Staaten um uns herum zu!

In Schweden z. B. machen gemäß Umfragen die Bürger das Brimborium mit dem zentralen Gesundheitschip freiwillig und gern mit, finden alles gut, fortschrittlich und praktisch. Es ist „die zentrale Karte", obwohl auch dort die Datenschützer warnen. Das Argument: „Ich hab ja nichts zu verbergen" ist insgesamt ein so dermaßen Dummes, weil jederzeit an jedem Ort, wo schwache Menschen lauern, von diesen Missbrauch getrieben werden kann und auch wird. Überall in privaten Sphären ja auch, etwa wenn Mitarbeiter vertrauliche Dinge verraten oder hinterher übereinander Lästern usw... - das ist das gültige Leben!

Man beachte: Auch unter Journalisten, sind zahlreiche „üble Terroristen", die traktiert werden. Journalisten zu belauschen, macht ja Spaß - von ihnen geht schließlich erhebliche Gefahr aus, z.B.: wenn sie ihre „dreckigen Informanten" nicht preisgeben. Journalisten sind finstere, muskelbepackte Burschen, die mit Sprengstoff wirbeln oder Granaten in der Tasche tragen. Sie verfügen über ein gefährliches Netzwerk, sind überhaupt gefährlich und wollen Informanten nie preisgeben, die dann auch entsprechend „behandelt" würden. Die Angepassten unter ihnen hingegen, die Konsens-Hofberichterstatter, die mit den Kanzlern der Republik auf Empfängen und Jubiläen glücklich lachen und mit Sektglas die „erfolgreiche Nation" feiern, leben da wesentlich ungefährdeter.

Woher kommt eigentlich die langjährig tradierte Unfähigkeit der Konsens-Journalisten zur Aufklärung und zum genauen Hinsehen? Ist es "Fraktions"zwang oder ein internes Gelübde?

>>> 1 | 2 | 3 | 4